Nun ist es endlich mal an der Zeit einen Artikel zu der Säure im Wein und im besonderen der Weinsäure zu erstellen. Das wollte ich schon lange. Auch ist man dann gezwungen sich intensiv, tiefgreifend mit dem Thema zu beschäftigen. Als Weinhändler plaudert man leichthin über diese wichtigen Geschmackfaktor im Wein, gibt den Säuregehalt wenn es geht auch immer brav mit an, aber es ist auch wichtig dem Verbraucher, also Ihnen, diese Details zu erklären, damit Sie die Werte und Begriffe besser einordnen und interpretieren können, um den für Sie besten Wein auswählen zu können.
Grundsätzlich sollte man sich von zwei Seiten an das Thema Säure im Wein annähern: Wissenschaftlich und eben kulinarisch.
Kulinarische Betrachtung der Weinsäure
Grundsätzlich hört sich Säure an, als ob sie nicht in den Wein gehört und etwas Schlechtes darstellt. In Wirklichkeit gehört die Säure zum Wein dazu und wenn das Verhältnis zwischen Süße und Säure im Wein nicht stimmt, schmeckt der Wein schwach und flach. Es kommt eben auf das perfekte Verhältnis zwischen diesen beiden Geschmackkomponenten an. Das Empfinden von Säure im Wein kann man sich durch zwei extreme Geschmacksextrem vorstellen: Da ist die Zitrone auf der einen Seite für viel Säure im Wein und z.B. griechischer Jogurt ist das andere Extrem für weinig Säure. Betrachtet man den gesamten Geschmack von Wein, spricht man häufig von Körper. Der Körper von einem Wein ist natürlich wieder ein rein subjektives Empfinden. In der Theorie setzt sich dieser aber aus Tanninen, Säure, Süße und Alkohol zusammen. In diesem Modell verringert ein hoher Säuregehalt den Körper des Weins. Man kann sich den Unterschied von vollem Körper und leichtem Körper wie den Unterschied zwischen Vollmilch und Magermilch vorstellen. Bevor wir weiter in die kulinarische und geschmacklichen Details gehen, sollten wir uns dem ganzen erst wissenschaftlich nähern.
Wissenschaftliche Komponente
Arten von Säure
Die beiden dominanten Säuren in Wein sind Weinsäure und Apfelsäure. Weinsäure ist eine angenehm schmeckende milde Säure, die übrigens nur in Weintrauben vorkommt. Die Apfelsäure hingegen ist deutlich aggressiver und säuerlicher. Sie sollte nicht zu viel im Wein vorhanden sein. In Weißwein ist diese Art von Säure bis zu einem gewissen Grad erwünscht. Sie macht den Wein frisch und fruchtig. Im Rotwein hingegen versucht man sie komplett zu eliminieren.
Säure | Anteil geschätzt | Kommentar |
---|---|---|
Weinsäure | 60% – 2–7 g/L | gewollte Säure |
Apfelsäure | 30% – 5 g/L | gut für Weißwein |
Zitronensäure | gering – 0,1-0,4 g/L | wird manchmal zugesetzt |
Ascorbinsäure | gering | |
Gluconsäure | gering | tritt bei kranken Trauben auf |
Essigsäure | 0,3–0,6 g/L | entsteht während der Gärung |
Bersteinsäure | gering | |
Milchsäure | 0,2–3 g/L | Entsteht während der Gärung aus Apfelsäure |
Weinsäure
- Eine der stabilsten und mengenmäßig wichtigsten Säuren im Wein.
- Konzentration in jungen Weinen: 2–7 g/L, stark abhängig von der Rebsorte.
- Fällt bei niedrigen Temperaturen als Weinstein aus, was die Säurestruktur reduziert.
Apfelsäure
- Wesentlich in unreifen Trauben vorhanden, mit einem Gehalt von bis zu 5 g/L.
- Während der malolaktischen Gärung (insbesondere bei Rotweinen) durch Milchsäurebakterien zu Milchsäure umgewandelt.
- In reiferen Trauben und warmen Klimazonen oft reduziert.
Milchsäure
- Entsteht durch die mikrobielle Umwandlung von Apfelsäure während der malolaktischen Gärung.
- Verleiht dem Wein eine weichere Säurestruktur und beeinflusst das Mundgefühl.
- Typischer Gehalt in Weinen: 0,2–3 g/L.
Essigsäure
- Nebenprodukt der alkoholischen Gärung durch Hefen.
- Normalerweise in niedrigen Mengen vorhanden (0,3–0,6 g/L), bei fehlerhafter Weinbereitung kann der Gehalt ansteigen und zu Essigstich führen.
Zitronensäure
- In frischen Trauben nur in sehr geringen Mengen enthalten.
- Kann im Keller zur Säureanpassung zugesetzt werden.
- Dient als Vorstufe zur Bildung von Diacetyl, das dem Wein buttrige Noten verleiht.
Die Hauptrolle spielen somit lediglich Wein- und Apfelsäure. Deswegen konzentrieren wir uns im folgenden nur noch darauf.
Grundsätzlich gilt: Über die Reifezeit verliert der Wein seine Säure – sowohl Weinsäure als auch Apfelsäure. In warmen Jahren oder warmen Gegenden haben die Trauben grundsätzlich weniger Säure. Dies bezieht sich hauptsächlich auf die Apfelsäure. Eine weitere Dimension, die in der Abbildung nicht zu sehen ist, ist der Zuckergehalt, der nämlich mit der Reifezeit ansteigt. Für den Winzer besteht nun die Kunst genau den richtigen Zeitpunkt für die Ernte abzupassen, in denen Zuckergehalt und Säuregehalt in perfektem Verhältnis stehen, damit der Wein später gut schmeckt.
- Weißwein: Apfelsäure in gewissen Maßen erwünscht und wichtig. Sie darf nur nicht zu viel vorhanden sein
- Rotwein: Hier ist Apfelsäure nicht erwünscht. Diese wird während der Gärung in Milchsäure umgewandelt.
Wichtig zu verstehen ist, dass der angegebene Säuregehalt bei Wein meist die Gesamtsäure betrifft. Es ist also die Summe alle Säuren gemeint und wird dann in g/L angegeben. Übrigens sind die Verfahren zur Bestimmung der Gesamtsäure in einzelnen Ländern unterschiedlich – also aufgepasst.
Messung von Säuregehalt
Es gibt im Prinzip zwei Messgrößen, um den Säuregehalt im Wein anzugeben. Den pH-Wert und/oder den Säuregehalt in g/l (Gramm pro Liter). Weine haben ca. 5-20 g/l Säure. Der pH-Wert von Wein liegt zwischen 2,6 und 4,5. Dabei gibt ein niedriger pH-Wert einen hohen Säureanteil an. Grundsätzlich geht die pH-Wert Skala von 0-14. Der Wert 7 gilt als neutral, alles darunter als sauer, alles darüber als alkalisch. Die Werte lassen sich nicht so einfach umrechnen.
- Weißwein: Tendenziell haben Weißweine einen etwas höheren Säureanteil: pH:3-3,5 oder 6g/L
- Rotweine: Etwas niedrigere Säure: pH:3,5-4 oder 5g/L
Rebsorten und die Weinsäure
Die Rebsorte ist natürlich ein weiterer Einflussfaktor von Säuren im Wein. Es gibt Rebsorten, die tendenziell einen höheren Säureanteil haben. Hierzu zählen:
- Weißwein: Riesling, Grüner Veltliner, Sauvignon Blanc
- Rotwein: Sangiovese, Nebbiolo, Barbera
Einflussfaktoren auf die Weinsäure
Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten für den Winzer, Einfluss auf den Säuregehalt zu nehmen. Als Erstes sei der Erntezeitpunkt genannt. Hier den Richtigen Zeitpunkt abzupassen bei dem Zucker- und Säuregehalt im optimalen Verhältnis stehen ist die große Kunst. Der zweite Faktor ist im besonderen bei Rotweinen eine zweite Gärung herbeizuführen (malolaktische Gärung). Bei dieser zweiten Gärung werden Apfelsäuren zu Milchsäuren umgewandelt. Der dritte Weg den Säuregehalt zu beeinflussen ist die künstliche Zugabe von Säuren oder Basen in den Wein. Dies ist weinrechtlich zugelassen.
Food Pairing und der Einfluss der Säure
Säure im Wein spielt eine große Rolle beim Food Pairing, weil sie den Geschmack eines Gerichts verstärken oder unausgewogene Kontraste schaffen kann. Ein Wein mit hoher Säure wirkt frisch und lebendig, während ein säurearmer Wein weicher und runder schmeckt. Die richtige Kombination sorgt dafür, dass Wein und Essen sich ergänzen, anstatt sich gegenseitig zu überlagern.
Ein säurebetonter Wein wie Sauvignon Blanc, Riesling oder Chianti passt besonders gut zu fettigen Speisen. Die Säure schneidet durch das Fett und sorgt dafür, dass das Gericht nicht zu schwer wirkt. Auch salzige Speisen profitieren von der Frische eines sauren Weins, weil Salz und Säure zusammen ein harmonisches Gleichgewicht schaffen. Tomatenbasierte Gerichte oder Speisen mit Zitrone oder Essig verlangen nach einem Wein mit ähnlicher Säure, da ein zu milder Wein neben diesen Aromen schnell flach erscheint. Allerdings kann ein sehr saurer Wein in Kombination mit bitteren Zutaten wie Artischocken oder Rucola unangenehm wirken. Süße Speisen verstärken die Säure im Wein zusätzlich und lassen ihn oft zu scharf oder unausgewogen schmecken.
Ein Wein mit wenig Säure, wie ein Merlot oder ein gereifter Chardonnay, eignet sich besser für würzige oder leicht süßliche Gerichte. Asiatische Speisen, BBQ oder Ente mit Orangensauce harmonieren gut mit sanfteren Weinen, weil keine zusätzliche Säure die Würze verstärkt oder die Süße überdeckt. Auch weiche Käsesorten wie Brie oder Gouda passen gut zu einem milden Wein, weil sie keine starke Frische benötigen. Fettige oder sehr cremige Speisen können hingegen schnell schwer wirken, wenn der Wein nicht genug Säure besitzt, um für Ausgleich zu sorgen. Säurehaltige Speisen mit Essig oder Zitrone lassen einen Wein mit wenig Säure oft fade erscheinen, weil der Wein neben diesen dominanten Aromen an Ausdruck verliert.
Die wichtigste Regel für ein gelungenes Food Pairing bleibt, dass der Wein mindestens genauso viel Säure haben sollte wie das Essen (Säure zu Säure). Nur so bleibt der Geschmack im Gleichgewicht, und weder der Wein noch das Gericht verlieren an Intensität. Mit der richtigen Kombination entstehen harmonische Aromen, die das Geschmackserlebnis auf ein neues Niveau heben.
Fazit
Die Säurestruktur eines Weins ist dynamisch und verändert sich während der Weinbereitung und Reifung. Während Weinsäure als stabile Hauptkomponente erhalten bleibt, unterliegt Apfelsäure starken Schwankungen, insbesondere durch malolaktische Gärung. Weiße Weine behalten ihre Frische durch die Erhaltung der Apfelsäure, während Rotweine durch deren Umwandlung in Milchsäure weicher werden. Die richtige Balance dieser Säuren ist entscheidend für die Qualität und den Charakter des Weins. Ferner ist die Säure auch ein Faktor, einen Wein langlebiger zu machen.